Bildschirmfoto 2014 12 04 um 17 09 27

Das Wort des Jahres wird unpolitisch

Veröffentlicht: 2014

Mit # wurde in der Schweiz im Jahr 2014 erst­mals ein Zeichen zum Wort des Jahres gekürt. Abge­se­hen davon, dass das Zeichen ohne Wort dahin­ter eigentlich nur Hash“ aus­ge­sprochen wird, wie Thomas Benkö schreibt, kann man die Wahl auch in der Rück­blende und im Ver­gle­ich zu unserem deutschsprachi­gen Nach­barn im Nor­den kri­tisch betrachten.


SchweizDeutsch­land
2003Konko­r­danzDas alte Europa
2004Meh DräckHartz IV
2005Ald­isierungBun­deskan­z­lerin
2006Rauchver­botFan­meile
2007Ster­be­touris­musKli­makatas­tro­phe
2008Ret­tungspaketFinanzkrise
2009Minarettver­botAbwrack­prämie
2010Auss­chaf­fungWut­bürg­er
2011Euro-RabattStresstest
2012Shit­stormRet­tungsrou­tine
2013Stell­w­erk­störungGrosse Koali­tion (GroKo)
2014#


Beim Betra­cht­en der Tabelle fällt auf, dass sowohl in der Schweiz als auch in Deutsch­land poli­tis­che The­men über­wiegen, die zudem oft­mals eine neg­a­tive Kon­no­ta­tion haben. In Deutsch­land hat einzig der Begriff Fan­meile“ im Zusam­men­hang mit der Heim-WM 2006 keine poli­tis­che Kom­po­nente; in der Schweiz sind es mit Meh Dräck“, Shit­storm, Stell­w­erk­störung und # deren vier. In den drei let­zten Jahren waren es jew­eils unpoli­tis­che Begriffe, was für die Schweiz, welche unter anderem wegen der direk­ten Demokratie stark vom poli­tis­chen Diskurs geprägt ist, doch erstaunt. Zudem lassen sie sich rück­blick­end schlecht mit einem spez­i­fis­chen Ereig­nis in Verbindung brin­gen, was aber auch daran liegen kann, dass sie sei­ther fest im Sprachge­brauch ver­ankert sind. Wenn man dem Wort des Jahres Rel­e­vanz beimisst und eine Erwäh­nung Impact“ bedeutete, käme man zum Schluss, dass die Annahme der Massenein­wan­derungsini­tia­tive im Feb­ru­ar 2014 weniger gravierende Auswirkun­gen gehabt hat als das Minarettver­bot oder die Auss­chaf­fungsini­tia­tive. Ist # tat­säch­lich rel­e­van­ter, oder hat gesellschaftlich mit­tel- und langfristig grössere Auswirkung? Ist dies über­haupt der Anspruch an das Wort des Jahres, und lässt sich das ver­gle­ichen? Hat die illus­tre Jury sich kurz­er­hand entsch­ieden, Verän­derun­gen im Sprach­bild stärk­er zu berück­sichti­gen als poli­tis­che Debat­ten? Wie dem auch sei: über Sinn und Unsinn des Worts des Jahres lässt sich stre­it­en. Eben­so über den diesjähri­gen Gewin­ner. Oder um es salopp in den Worten jen­er wie dem Musik­er Eti­enne de Cré­cy auszu­drück­en, die sich über den zuweilen infla­tionären Gebrauch von Hash­tags mok­ieren, ↵⇥Hash­tag My Ass.