
Ist auch schlechte PR gute PR?
Ob in Berlin, Paris, Madrid oder Zürich, wo immer der Fahrdienst Uber auftaucht, sorgt er für Konflikte. Und das nicht nur mit den etablierten Taxi-Unternehmen, mit denen es in direkter Konkurrenz steht, sondern auch zunehmend mit den Behörden (“Uber baut Angebot in Zürich aus — Die Taxibranche wehrt sich”).
Das hat damit zu tun, dass sich das Geschäftsfeld von Uber vielerorts in einem gesetzlichen Graubereich befindet. Gleichzeitig verfolgt das Unternehmen die Geschäftsstrategie möglichst rasch in möglichst viele geeignete Märkte vorzudringen. Inwiefern dabei bestehende Regularien verletzt werden ist zweitrangig.
Dieses Vorgehen ist eher unorthodox. In der Regel gehen Unternehmen bei der Expansion in ausländische Märkte sehr behutsam vor und mit der Absicht Konflikte zu vermeiden. Dazu gehört auch die Erarbeitung von PR-Kampagnen, die auf die lokalen Verhältnisse abgestimmt sind und das Ziel verfolgen die Akzeptanz einer Marke zu maximieren. Bei Uber jedoch scheinen die Friktionen mit Konkurrenten und Behörden geradezu zur Geschäftsstrategie zu gehören.
Das hat zwei Gründe: Erstens kann es sich das Unternehmen leisten. Als Online-Vermittlerplattform hat Uber nur sehr geringe Fixkosten. Denn es muss weder einen kostspielige Infrastruktur mit Fuhrpark betreiben noch zahlreiche Mitarbeiter bzw. Fahrer beschäftigen. Zudem verfügt es über eine prall gefüllte Kriegskasse („Nochmals zwei Milliarden für Klagen“), mit der es sich vor keiner juristischen Auseinandersetzung scheuen muss, und welche es erlauben sich mit nicht kostendeckenden Tarifen in den Markt „einzukaufen“ („Subventionen sind für Uber «legitimer Ansatz»“).
Zweitens hat der Konfrontationskurs die Bekanntheit des Unternehmens in den vergangenen Monaten rasant gesteigert. Aufgrund der medialen Berichterstattung über protestierende Taxifahrer weltweit ist der Name des Unternehmens nämlich inzwischen in aller Munde. Auch die jüngsten Skandale um die Uber-Führungsriege („Manager droht kritischer Bloggerin – So übel ist Uber“) haben die Bekanntheit des Unternehmens nochmals erhöht — gemäss der Devise, dass auch schlechte PR gute PR ist — und das ohne grosse Werbekampagnen.
In der Tat hat Uber verhältnismässig geringe Werbekosten und fährt eine sehr schlanke Grassroots-Marketingkampagne, fokussiert auf die junge, hippe, urbane Bevölkerung. Dafür zählt es auf Kooperationen mit Marken und Veranstaltungen („Lange Nacht der Mode“), die als cool gelten, sowie auf das Engagement und den Einfluss von bekannten Persönlichkeiten (z.B. Stan Wawrinka) und vernetzten Szenekennern („UBER Ambassadors“). Dabei wird primär auf die Nutzung der Kanäle sozialer Medien und Mundpropaganda gesetzt. Das funktioniert dann etwa so, dass in den whatsapp-Chats plötzlich ein „Geheimtipp“ in Form eines Codeworts zirkuliert, mit dem man auf der Uber-App CHF 50.- Gratisguthaben erhält. Oder das kostenfreie Angebot mit Freunden in der Stretch-Limousine das Zürcher Nachtleben zu erobern.
Ob diese subtile Kommunikationsstrategie in den sozialen Medien (in Kombination mit den Niedrigpreisen) die Reputationseinbussen durch die Negativberichterstattung in den klassischen Medien aufzuwiegen vermögen, wird sich erst längerfristig erweisen. Aufgrund der zahlreichen Konflikte/Skandale sieht ein führender Sillicon Valley Investor aber bereits jetzt existenzielle Risiken für das Unternehmen und meint der Fahrdienst stünde gegenwärtig an der Klippe zum Abgrund („Rüpel am Steuer des Fahrdienst-Vermittlers“).