
ICO-Kommunikation: vierfach herausgefordert
Für die Einen ist die Blockchain die Allerheilsbringerin, für die Anderen ein Teufelszeug (meist, da mit Bitcoin-Spekulation verwechselt) und für die Dritten schlicht ein Buch mit sieben Siegeln. Dank der Omnipräsenz des Themas, dank vertiefter Erklärung der Funktionsweise und vor allem dank der vermehrten Darstellung von möglichen Nutzen der Blockchain in alltagsnahen Anwendungen nähern sich die Positionen an. Eine Versachlichung findet statt, Regulierungsversuche spriessen. Das zeugt von einem Reifeprozess. Und davon profitieren auch die ICOs (Initial Coin Offerings), quasi die Börsengänge zur Unternehmensfinanzierung auf Basis der Blockchain-Technologie. Nach diversen Betrugsfällen haftet dem Thema ICO noch viel unangenehmer Beigeschmack an.
- Die erste Herausforderung ist somit, Vertrauen für das Instrument ICO zu schaffen. Das erreicht man — begleitet von der Publikumsaufklärung — nur über positive Beispiele. Diese gibt es zunehmend, mit mehreren Hundert erfolgreichen ICOs alleine im vergangenen Jahr.
- Die zweite kommunikative Herausforderung besteht für die Firmen selber, die ein ICO planen. Sie müssen den Investoren die vertrauensvolle Sicherheit geben können, dass diese mit ihren finanziellen Mitteln ein stabiles Engagement mit guten Aussichten auf einen attraktiven Return-on-Investment eingehen. In dieser Beziehung unterscheidet sich ein ICO nicht von einem traditionellen IPO. Wenn nicht explizit Retail-Investoren angesprochen werden sollen, erübrigt sich auch der grösste Teil langer Ausführungen zum Wesen eines ICO und der Blockchain-Technologie. ⇥
- Die dritte Herausforderung bahnt sich erst gerade an: Nach wie vor ist die Chance auf Aufmerksamkeit für ICOs in der Schweiz hoch. Schon alleine aufgrund der Tatsache, dass das Thema noch neu ist. Mit der zunehmenden Zahl von ICOs nimmt diese automatische Aufmerksamkeit allerdings ab. Dann geht es darum, verstärkt Verständnis und Begeisterung fürs Business und das jeweilige Offering der Firma zu schaffen. Da ist heute im Gegensatz zu den klassischen IPOs mehr Community-Management und Online-Kommunikation gefragt, wogegen die “Offline-Börsengänge” derzeit noch stärker auf die klassischen Investoren-Plattformen und Printpublikationen setzen. Das wird sich über die kommenden Jahre in beide Richtungen angleichen.
- Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass ICOs — zumindest bis jetzt — im Durchschnitt auf eine geringere Kapitalaufnahme zielen als IPOs. Dies nicht zuletzt, weil die meisten ICO-Unternehmen und deren Produkte sich in einem viel früheren Entwicklungsstadium befinden als dies bei ihren klassischen Kollegen der Fall ist. Auch brauchen sie nicht so viel Kapital, um eine hilfreiche Volatilität in ihre Titel zu bringen. Das wiederum bedeutet, dass oftmals die finanziellen Ressourcen der Unternehmen für kommunikative Massnahmen beschränkter sind.
Für ICOs sind also Kommunikationsdienstleister mit Kapitalmarkterfahrung gefragt, die a) das Business des Unternehmens und die Blockchain-Technologie verstehen, b) unterschiedliche Kanäle und Plattformen anzusprechen wissen und c) das Ganze auch in einem engeren finanziellen Rahmen stemmen können — und wollen.