Newsbeitrag

Liebt diese Journalistin ihren Job?

Veröffentlicht: 2015

Das Erstaunen war gross, als die NZZ am Son­ntag in einem jüngst pub­lizierten Porträt über Ste­fanie Heinz­mann im Titel sug­ges­tiv fragte, ob diese ihren Brud­er liebe.

Erstens war man sich diese Art von Artikel mit entsprechen­dem Titel aus dem Hause NZZ bish­er nicht gewohnt. Es beschle­icht einen beim Lesen des Artikels das Gefühl, dass die Jour­nal­istin den Artikel mit dem Ziel schrieb, die These, welche der Blick bere­its im April mehr oder weniger sub­til aufge­wor­fen hat­te, zu untermauern. 

Natür­lich ver­fügt die NZZ am Son­ntag über eine eigen­ständi­ge Redak­tion, welche von der täglich erscheinen­den Alten Tante“ unab­hängig ist. Allerd­ings ver­laufen auch hier die Gren­zen zunehmend fliessend, spätestens dann, wenn die offizielle“ NZZ den Artikel auf ihrer Face­book­seite postet und der Mod­er­a­tor ver­sucht, aufge­brachte Leser zu beschwichti­gen. Der NZZ sollte es daran gele­gen sein, auch bei der am Son­ntag erscheinen­den Pub­lika­tion diesel­ben Qual­itäts­stan­dards anzuset­zen, will man den eige­nen Namen nicht in Ver­ruf bringen. 

Zweit­ens ist zu hof­fen, dass der Titel durch die Jour­nal­istin sel­ber und nicht durch die Blattmach­er geset­zt wurde. Es ist keine Sel­tenheit, dass Jour­nal­is­ten – abhängig von der Senior­ität – über die Titelver­gabe kein Vetorecht ausüben kön­nen. Dass der Artikel hohe Wellen schla­gen dürfte, war den Beteiligten bes­timmt klar und dürfte mit ein­er Por­tion Kalkül ver­bun­den gewe­sen sein. 

Man muss der NZZ (am Son­ntag) allerd­ings anrech­nen, dass sie sich – anders als Ende 2014, als der dama­lige Chefredak­tor Markus Spill­mann ein­er Jour­nal­istin für etwas Pub­liziertes in den Rück­en fiel – hin­ter die Jour­nal­istin stellt, und man in diesem Fall nicht fehlende Kon­trollmech­a­nis­men für das Erscheinen des Artikels ver­ant­wortlich macht.