Liveticker

Liveticker: Das unreflektierteste journalistische Format

Published: 2016

Am Dien­stag, dem 23. März, nach­dem Brüs­sel ter­ror­is­tis­chen Anschlä­gen zum Opfer gefall­en war, war es wieder so weit: Auf den bedeu­ten­den Schweiz­er News­portal­en wur­den Livet­ick­er aufgeschal­tet, die uns im Minu­ten­takt mit den wichtig­sten Updates auf dem Laufend­en hielten.

Welche Vorteile hat der Livet­ick­er gegenüber Fernse­hen und Radio, den bei­den anderen bevorzugten Kanälen für Live­berichter­stat­tung? Im Livet­ick­er lassen sich unter­schiedliche Ele­mente – seien dies Audio- oder Video­dateien – ein­bet­ten und mit Text kom­binieren. Hinzu kommt die Inte­gra­tion von Social Media: vor allem das Ein­bauen von Twit­ter­feeds von vor Ort Anwe­senden ist beliebt und kann vor allem im ersten Moment von Ereignis­sen auf­schlussre­iche Erken­nt­nisse liefern. Allerd­ings hat auch der Livet­ick­er seine Tück­en. Wie bei Radio und TV sichtet, qual­i­fiziert und fil­tert der zuständi­ge Jour­nal­ist oder das ein Team die News­fet­zen, und nimmt diese gegebe­nen­falls in die Live­berichter­stat­tung mit auf. Weit­er hat sich am 23. März nicht zum ersten Mal gezeigt, dass auch etablierte News­portale (Blick, Tage­sanzeiger, Basler Zeitung) in der Hek­tik Videos veröf­fentlichen, ohne zu prüfen, ob diese tat­säch­lich mit dem aktuellen Ereig­nis in Zusam­men­hang ste­hen (https://​twit​ter​.com/​c​h​r​i​s​t​o​f​_​m​o​s​e​r​/​s​t​a​t​u​s​/​712214639522742272). Allerd­ings war auch das SRF nicht davor gefeit, das Video in der Berichter­stat­tung zu den Anschlä­gen zu zeigen (https://​twit​ter​.com/​n​i​c​k​_​l​u​e​t​h​i​/​s​t​a​t​u​s​/​712222872190775296).

New­stick­er haben auf jeden Fall ihre Daseins­berech­ti­gung, sei dies bei sich entwick­el­nden News­geschicht­en oder im Sport. In der Sport­berichter­stat­tung gibt es in der Schweiz allerd­ings noch viel Luft nach oben gibt. Gewisse aus­ländis­che Sport­new­stick­er sind par­al­lel zum Ereig­nis lesenswert, da man eine Ein­schätzung von Drit­ten (Experten) erhält, welche darüber hin­aus­ge­hen, was man am Bild­schirm mitver­fol­gt („0:30. Fed­er­er haut den Ball ins Netz!“). 

Livet­ick­er wer­den auf jeden Fall fes­ter Bestandteil des Newsall­t­ages bleiben, und er ist ein beleben­des Ele­ment. Allerd­ings ist die Rolle des Redak­tors hier eher jene eines Newsag­gre­ga­toren denn eines Jour­nal­is­ten, der das Geschehene einord­net und qual­i­fiziert. Anders als Philipp Meier, ehe­mals Com­mu­ni­ty Man­ag­er von Wat­son, der Ende Jan­u­ar in seinem let­zten Artikel zu ein­er Ode an den Livet­ick­er als das ehrlich­ste jour­nal­is­tis­che For­mat“ aus­ge­holt hat­te (http://​www​.wat​son​.ch/​!​186933828), möchte ich es hier eher als das unre­flek­tierteste beze­ich­nen, wo der User sel­ber imstande sein muss, die Inputs einzuord­nen. Der Mehrw­ert beste­ht darin, dass man auf ein­er Seite eine Über­sicht zum aktuellen Stand erhält. Dank Social Media kann ein informiert­er Anwen­der sich diese Puz­zlestücke auch sel­ber zusam­men­su­chen und eventuell anhand der Quellen sog­ar bess­er beurteilen, was für ihn von Rel­e­vanz ist. 

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