Wellenbrecher

Krise und Rücktritt: Wie man’s richtig macht

Published: 2015

Die Krise um die FIFA und deren Funk­tionäre sowie die Affäre rund um die Zuger Lan­damman­n­feier 2014 haben die Medi­en im ver­gan­genen Jahr stark beschäftigt. In bei­den Fällen haben es die Haupt­pro­tag­o­nis­ten ver­passt mit raschem Han­deln und deeskalieren­der Kom­mu­nika­tion ihren Ruf zu ret­ten. Was die Zukun­ft auch bringt, der Schaden wird in bei­den Fällen an den Per­so­n­en haften bleiben.

Viel inter­es­san­ter ist der Umgang des noch amtieren­den FDP-Präsi­den­ten Philipp Müller mit sein­er ganz per­sön­lichen Krisen-Sit­u­a­tion im 2015. Ein gutes Beispiel dafür, wie man eine Krise hand­haben kann ohne einen per­sön­lichen Rep­u­ta­tions-Schaden zu erlei­den, obwohl viel Poten­zial dafür vorhan­den gewe­sen wäre.

Müller war im Sep­tem­ber einen tragis­chen Verkehrsun­fall ver­wick­elt — mit­ten im Wahlkampf, der für ihn als Per­son (Kan­di­datur als Stän­der­at) und als Parteipräsi­den­ten (dreiein­halb Jahre ener­gis­che Auf­bauar­beit für die Partei) von entschei­den­der Bedeu­tung war.

Am Anfang standen die Zeichen auf Sturm, nach­dem in den Medi­en der Ver­dacht aufgekom­men war, Müller habe den Unfall ver­tuschen wollen, den Dia­log mit der Fam­i­lie des Unfal­lopfers gemieden, und die Partei habe ver­sucht den Unfall herunterzuspielen.

In dieser Phase spie­len zwei Dinge mit: Erstens zeigen die Ereignisse, dass Men­schen in Krisen­si­t­u­a­tio­nen meist intu­itiv abwehrend han­deln anstatt einen Schritt Abstand zu nehmen, zu analysieren und dann zu han­deln. Angesichts des Zeit­drucks gewiss­er Sit­u­a­tio­nen ist das nachvol­lziehbar aber nach Möglichkeit zu ver­mei­den. Ander­er­seits zeigt es auch, wie wichtig es ist, die Kom­mu­nika­tion aktiv sel­ber zu steuern, damit Gerüchte und Missver­ständ­nisse möglichst keinen Nährbo­den erhal­ten. Das bedeutet nicht, dass man von Beginn weg ein­fach alles auf den Tisch leg­en muss, was einem grad in den Sinn kommt, weil einem die Erin­nerung und der Betra­ch­tungswinkel täuschen kön­nen. Es heisst vielmehr, dass man nicht blin­d­lings dem Klis­chee-Rat des Juris­ten fol­gen sollte und erst ein­mal gar nichts sagt.

Richtiges Ver­hal­ten: Ehrliche Betrof­fen­heit zeigen und eine aus­führlichere Stel­lung­nahme innert spätestens 24h ankündigen.

Die Wende wurde im Wesentlichen von zwei Schrit­ten ein­geleit­et: Zum einen als er in der Aar­gauer Zeitung vier Tage nach dem Unfall in einem Inter­view aus­führlich Stel­lung genom­men und damit den berechti­gen Durst nach Infor­ma­tio­nen zu weit­en Teilen gelöscht hat. Zweit­ens hat sich Philipp Müller mit der vorüberge­hen­den Stre­ichung öffentlich­er Auftritte aus dem Visi­er der Medi­en und der Öffentlichkeit genom­men. Ein mutiger Schritt mit­ten im Wahlkampf, aber richtig, weil er so kein neues Fut­ter für medi­ale Aufruhr liefern konnte.

Es ist abse­hbar, dass nach Abschluss der Unter­suchun­gen zum Unfall das The­ma noch ein­mal in den Medi­en auf­schla­gen wird. Darauf kann sich Philipp Müller jet­zt schon mit ver­schiede­nen Szenar­ien vor­bere­it­en. Wichtig wird sein, dass er in den Augen der Öffentlichkeit Ver­ant­wor­tung übern­immt für das, was ver­mei­d­bar oder unver­mei­d­bar passiert ist. Und wichtig wird sein, dass die Öffentlichkeit erken­nt, dass sich Müller ehrlich für die Gene­sung des Opfers inter­essiert und ein­set­zt – ganz unab­hängig jeglich­er Schuldfrage.

Ganz gle­ich, ob sein Rück­tritt als Parteipräsi­dent auch mit dem Unfall zusam­men­hängt oder nur auf die zeitliche Unvere­in­barkeit mit seinem Man­dat als Stän­der­at zusam­men­hängt: Müller hat es ver­standen das Amt auf dem Höhep­unkt und ohne grosse Schat­ten abzugeben. Das ist ihm auch dank dem let­ztlich kom­mu­nika­tiv erfol­gre­ichen Ver­hal­ten in ein­er schwieri­gen und für das Opfer tragis­chen Sit­u­a­tion gelungen.

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