Sadness

Kommunikation in der Krise: Der Fall NZZ

Published: 2015

Auch wenn die Adventszeit für zwis­chen­zeitliche Ablenkung sorgte, in den Redak­tion­sräum­lichkeit­en der NZZ rumort es auch 2015 noch. Zwar ver­sicherten die stv. Chefredak­toren ihren Lesern auf Jahre­sende: Wir bleiben auf Kurs“. Doch der Entscheid um die Nach­fol­geregelung von Chefredak­tor Markus Spill­mann und das als kon­spir­a­tiv wahrgenommene Vorge­hen des VR haben das Ver­trauen in die Unternehmensführung nach­haltig geschwächt. 

Der vor­liegende Fall bietet Anlass für ein paar Über­legun­gen zur Kom­mu­nika­tion in Krisen­si­t­u­a­tio­nen. Eine Unternehmensführung stimmt ihre Kom­mu­nika­tion ide­al­er­weise darauf ab, die Akzep­tanz von Entschei­den zu max­imieren und die Umset­zung durch die Mitar­beit­er zu fördern. Fol­gen­der Rück­blick nen­nt ein paar Gründe weshalb dies bei der NZZ gründlich misslang: 

  • Die Redak­tion, die Leser­schaft und die NZZ-Aktionäre erfuhren von den Plä­nen des NZZ-VR zuerst über Twit­ter und Face­book, danach aus ein­er Sonntagszeitung.
  • In der Folge kom­mu­nizierte der VR nur lück­en­haft und erst nach den Aufdeck­un­gen durch die Medi­en, was zu ein­er grossen Verun­sicherung in der Redak­tion und ein­er Welle von Speku­la­tio­nen und Gerücht­en führte. 
  • Bei einem Infor­ma­tion­san­lass für die Mitar­beit­er unter­schlug der VR-Präsi­dent (VRP) offen­bar bewusst zen­trale Infor­ma­tio­nen über die Nach­folge des Chefredak­tors, was den Unmut der Betrof­fe­nen weit­er vergrösserte.
  • Der VR demen­tierte nicht, dass über den Nach­fol­ger des über­raschend abge­set­zten Chefredak­tors bere­its abges­timmt wor­den war. Die Gerüchteküche brodelte weit­er. Die Glaub­würdigkeit der Unternehmensführung und fol­glich der Insti­tu­tion NZZ nah­men weit­eren Schaden.
  • Der VRP begab sich auf einen Aus­lan­daufen­thalt, während sich die Krise zus­pitzte, die Redak­toren nach Klarheit sucht­en, die Aktionäre sich beschw­erten und Leser ihre Abos kündigten.
  • Kon­fron­tiert mit der Zus­pitzung der Krise, sah sich der VRP schliesslich doch noch gezwun­gen, seinen Urlaub vorzeit­ig abzubrechen. Nach­dem er sich mit den Ressortleit­ern getrof­fen hat­te ver­sandte er eine Mit­teilung, mit dem Ziel die Gemüter zu beruhi­gen. Die Nachricht war im Ton zwar fre­undlich, im Inhalt aber vage. Weit­er­hin blieben viele Fra­gen unbeant­wortet und ein Eingeständ­nis von Fehlern fehlte gän­zlich. In der Folge fühlten sich viele Redak­toren nicht ernst genom­men. Der Unmut blieb bestehen. 

Als Folge dieser Ereignisse hat das Ver­trauen in die Führungskom­pe­tenz des VR und fol­glich die Rep­u­ta­tion der Insti­tu­tion NZZ stark gelit­ten. Dementsprechend muss der VR an der kom­menden GV damit rech­nen, dass die Aktionäre den Rück­tritt des VRP oder gar den Rück­tritt des gesamten VR fordern werden. 

Zwar ist es bekan­ntlich ein­fach rück­blick­end Ratschläge zu erteilen. Und es ist klar, dass die Kom­mu­nika­tion von Unternehmensentschei­den eine grosse Her­aus­forderung darstellt, wenn diese den Inter­essen der Mitar­beit­ern diame­tral ent­ge­gen­ste­hen – z.B. wenn ein Chefradak­tor einge­set­zt wer­den soll, der für eine Mehrheit der Mitar­beit­er ein rotes Tuch darstellt. Den­noch kann die Beach­tung bes­timmter Grund­sätze der Krisenkom­mu­nika­tion ermöglichen, die Kon­trolle über eine heik­le Sit­u­a­tion nicht gän­zlich zu ver­lieren und eine Eskala­tion zu ver­mei­den, wie sie im Fall NZZ geschah. 

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