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Cyborgs in der Giftsuppe

Published: 2018

Das beliebte Kof­fer­pack­spiel wird von eini­gen Kindern auch mit ein­er Gift­suppe anstatt mit dem Kof­fer gespielt. Die Kinder reich­ern die Suppe eins nach dem anderen solange mit allen möglichen und unmöglichen Din­gen an, bis ein Kind nicht mehr alle Zutat­en aufzählen kann. Während diese Gift­suppe so schon mal auf 15 Zutat­en und mehr kommt, reichen für die Gift­suppe von Lügen und Empörung im Inter­net deren sechs: 1. Polar­isieren, 2. Diskred­i­tieren, 3. Schüren von Emo­tio­nen, 4. Ver­bre­it­en von Speku­la­tio­nen und Ver­schwörungs­the­o­rien, 5. pro­voka­tives Stören von Diskus­sio­nen (Trolling) und 6. Ver­schleiern der eige­nen Iden­tität. Richtig dosiert, ver­mö­gen diese Zutat­en Massen zu mobil­isieren und die Wahrheit mit Füssen zu treten. Was nach leer­er The­o­rie tönt, kann man online in weni­gen Minuten an sich sel­ber aus­pro­bieren. Es ist ein Gift­sup­pen­spiel für Erwach­sene, das Wis­senschaftler der Uni­ver­sität Cam­bridge in Koop­er­a­tion mit Jour­nal­is­ten aus Hol­land entwick­elt haben. Es nen­nt sich Bad News” und ver­langt nichts weit­er als einen Brows­er und etwas Englis­chken­nt­nisse. https://​www​.get​bad​news​.com

Span­nend sind auch die ersten Ergeb­nisse ein­er Studie, über die kür­zlich Radio SRF berichtete. Die Fach­hochschule Nord­westschweiz FHNW zeigt auf, wie Geg­n­er und Befür­worter der No Billag”-Initiative mit tech­nis­chen Hil­f­s­mit­teln bei Twit­ter get­rickst haben sollen. Nur 50 von ins­ge­samt 26000 ver­schiede­nen Usern, die zu No Bil­lag” getweet­et haben, waren für mehr als die Hälfte der rund 200000 Tweets zum The­ma ver­ant­wortlich. Bis zu 1000 Tweets an einem Tag hät­ten einzelne Nutzer abge­set­zt, was nur mit der Unter­stützung tech­nis­ch­er Hil­f­s­mit­tel möglich sei, so Ste­fan Gürtler, Dozent für Kom­mu­nika­tion an der FHNW. Waren uns diese Mit­tel bish­er vor allem aus den Präsi­dentschaftswahlen in den USA bekan­nt, sind sie nun wenig erstaunlich auch bei uns in der poli­tis­chen Mei­n­ungs­bil­dung angekom­men. Die Studie hat zwar die Inhalte der Tweets nicht weit­er unter­sucht, hält aber fest, dass die schiere Menge dieser Tweets es geschafft habe, andere Inhalte und Nutzer zu verdrängen.

Die Kom­bi­na­tion aus so ein­er kün­stlich erzeugten Flut von Tweets und der beschriebe­nen Rezep­tur der Inter­net-Gift­suppe malt ein düsteres Bild der kün­fti­gen poli­tis­chen Mei­n­ungs­bil­dung. Gegengift: Ein wach­er Geist und ein bre­it­er Medi­enkon­sum über Social Media und Online-Kurz­fut­ter hinaus. 

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