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Coca-Cola Life: Wie man "natürlich" sagt ohne "natürlich" zu sagen

Published: 2015

Dank ein­er grossan­gelegten Wer­bekam­pagne hat das Getränk Coca-Cola Life“ in kurz­er Zeit rasch an Bekan­ntheit gewon­nen. Weit weniger ver­bre­it­et sind die werbe- und lebens­mit­tel­rechtlichen Her­aus­forderun­gen, mit denen der Pro­duzent vor­ab kon­fron­tiert war. Wie das Brand­ing des neuen Getränkes nun zeigt, hat er einen kreativ­en Umgang damit gefunden. 

Coca-Cola Life“ ist momen­tan all­ge­gen­wär­tig. In saft­grünem Gewand wird an Häuser­fas­saden, auf Plakat­en, in Werbespots und beim Grossverteil­er für das neuste Pro­dukt aus dem Hause Coca-Cola gewor­ben. Mit dieser grossan­gelegten Wer­bekam­pagne beset­zt der Getränke­mul­ti eine Mark­t­nis­che für Kon­sumenten, denen die Orig­i­nal-Cola zu süss/​kalorienreich ist und/​oder, die den Geschmack der kün­stlich gesüssten (kalo­rien­freien) Vari­anten (Coca-Cola Light/​Zero) nicht mögen. 

Coca-Cola Life“ bein­hal­tet sowohl Zuck­er als auch Süs­sungsmit­tel. Im Gegen­satz zu den herkömm­lichen Süs­sungsmit­teln wie Aspar­tam, die syn­thetisch hergestellt wer­den, enthält das neue Getränk jedoch einen Süssstoff, der aus der tro­pis­chen Pflanze Ste­via gewon­nen wird. In ein­er Zeit des ver­stärk­ten Gesund­heits­be­wusst­seins gilt Ste­via auf­grund der pflan­zlichen Herkun­ft als grosse Hoff­nung der Lebens­mit­telin­dus­trie, da es als nicht-syn­thetis­che, natür­liche und daher gesunde Sub­stanz ver­mark­tet wer­den kann. 

Doch ganz so sim­pel ist es nicht: Da Ste­via medi­zinisch noch zu wenig erforscht ist, darf es in der Lebens­mit­telin­dus­trie nicht direkt ver­wen­det wer­den. Erlaubt ist hinge­gen die Nutzung der darin enthal­te­nen Süssstoffe — Ste­vi­ol Glyko­side — die durch ein aufwendi­ges chemis­ches Ver­fahren aus der Pflanze extrahiert wer­den. Da diese Süssstoffe lebens­mit­tel­tech­nisch nur noch wenig mit Ste­via zu tun haben, ver­bi­etet das gel­tende Lebens­mit­tel­recht diese als natür­liche“ Inhaltsstoffe anzupreisen. Für Pro­duk­te die Ste­vi­ol Glyko­side enthal­ten, führt das Bun­de­samt für Gesund­heit (BAG) eine ganze Liste mit unzuläs­si­gen Aus­lobun­gen. Nicht erlaubt sind z.B. fol­gende Formulierungen: 

  • mit natür­lich­er Süsse 
  • natür­lich gesüsst
  • natür­lich gesüsst mit Stevia-Extrakt
  • mit natür­lichen Zutat­en gesüsst
  • gesüsst mit dem Natur­pro­dukt Stevia
  • natür­lich­er Süssstoff / natür­lich­es Süssungsmittel
  • Ste­vi­ol Glyko­side sind natür­licher­weise in den Blät­tern der Ste­via enthalten 

Diese Ein­schränkun­gen haben den Mar­keting­ex­perten und Juris­ten bei Coca-Cola wohl einiges an Kopfzer­brechen bere­it­et. Wie das Brand­ing von Coca-Cola Life nun zeigt, haben sie jedoch einen kreativ­en Umgang damit gefun­den und schöpfen den rechtlichen Spiel­raum bis an die Gren­ze des zuläs­si­gen gezielt aus. Das begin­nt beim Namen des Getränkes: Life“ – Leben – ist ein Begriff, der Assozi­a­tio­nen wie Vital­ität“, Gesund­heit“ oder auch wie Natur“ her­vor­ruft. Betont wird dies durch die saft­grüne Farbe der Marke, die den Kon­sumenten an Pflanzen oder Wälder – die Natur — denken lässt. Weit­er unter­strichen wird dies durch das Prädikat Süsse aus pflan­zlichem Ursprung“, eine For­mulierung, die sehr nahe an den uner­laubten Aus­lobun­gen (oben) liegt aber wohl ger­ade noch zuläs­sig ist. Abgerun­det wird der Auftritt durch den beson­ders raf­finierten, mehrdeuti­gen Slo­gan Natür­lich schmeckt’s“. Mit dieser For­mulierung benutzt Coca-Cola den Begriff natür­lich“ ohne den darin enthal­te­nen Süssstoff als natür­lich“ zu bezeichnen. 

Die gezielte Kom­bi­na­tion dieser Ele­mente zeigt exem­plar­isch die zen­trale Rolle der Sprache und des grafis­chen Auftrittes im Bere­ich der Kom­mu­nika­tion und wie der kreative Umgang damit helfen kann, begren­zende rechtliche Rah­menbe­din­gun­gen max­i­mal auszuschöpfen und sog­ar Mes­sages zu trans­portieren, die der Gesetzgeber/​Regulator eigentlich ver­hin­dern wollte. 

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