Kafferahmdeckel

Betriebsblindheit und Kommunikation in der Krise

Published: 2014

Der Fall der Hitler-Kaf­feer­ah­mdeck­e­li, der diese Woche für medi­ale Aufmerk­samkeit gesorgt hat*, zeigt die Tück­en der Krisenkom­mu­nika­tion. Dabei lohnt es sich den unter­schiedlichen Umgang mit der Öffentlichkeit der zwei involvierten Akteure – die Migros und der Kaf­feer­ah­mdeck­e­li-Pro­duzent – genauer unter die Lupe zu nehmen.

Nach­dem die Migros zwei Wochen zuvor bere­its mit einem pein­lichen Über­set­zungs­fehler für Schlagzeilen gesorgt hat­te („Die Migros haut uns in die Pfanne“), standen die Alar­mze­ichen in der Kom­mu­nika­tion­s­abteilung ver­mut­lich bere­its auf Rot. So erkan­nte man bei der Migros sofort das Skan­dal­isierungspo­ten­tial der Hitler-Kaf­fer­ah­mdeck­e­li. Ohne Zeit zu ver­lieren räumte man den Fehler ein, entschuldigte sich in aller Form, ver­sprach Mass­nah­men zu ergreifen, um die Wieder­hol­ung eines ähn­lichen Vor­fall­es in Zukun­ft zu ver­hin­dern und ver­bre­it­ete diese Mit­teilung über diverse Kom­mu­nika­tion­skanäle. Mit diesem raschen und geziel­ten Vorge­hen erstick­te die Migros poten­tielle Kri­tik im Keim und ver­hin­derte eine mögliche Eskalation. 

Wie die Berichter­stat­tung ver­muten lässt, kamen die Ver­ant­wortlichen der Bern­er Zulief­er­erfir­ma bei der Bew­er­tung der Sit­u­a­tion zu einem anderen Schluss. Am Tag nach der Enthül­lung des Vor­fall­es wurde der Geschäfts­führer mit der Aus­sage zitiert, er ver­stünde die Aufre­gung nicht und er sei sich kein­er­lei Fehlver­hal­ten bewusst. Das Prob­lem sah er bei der Migros-Tochter, welche die Rah­mdeck­e­li, die eigentlich für Samm­ler bes­timmt waren, an Gas­tro-Unternehmen aus­lieferte. Was die Auswahl der Sujets betraf, so fand er: Dass Hitler und Mus­soli­ni drauf sind, habe ich schon gese­hen. Ich fand das nicht problematisch.“

Es war dieser let­zte Satz, der dem Unternehmen wohl zum Ver­häng­nis wurde und die Migros schliesslich ver­an­lasste sich öffentlich von seinem Zulief­er­er zu dis­tanzieren („Hitler-Rah­mdeck­e­li – Migros schmeisst Pro­duzen­ten raus“). Zwar waren die Rah­mdeck­e­li offen­bar nicht für gewöhn­liche Kon­sumenten, son­dern für Samm­ler bes­timmt. Die Fokussierung auf die Samm­ler­per­spek­tive ver­stellte dem Deck­e­lipro­duzen­ten jedoch den Blick auf die poli­tis­che und gesellschaftliche Kon­ven­tion, dass Bilder zum Nation­al­sozial­is­mus in der Regel nicht wert­neu­tral, son­dern stets im Kon­text ein­er kri­tis­chen Auseinan­der­set­zung ver­bre­it­et wer­den (“Hitler ist kein Enz­ian”).

Auch wenn wohl keine bösen Absicht­en dahin­ter steck­ten, erweck­te der Unternehmer mit sein­er Aus­sage er fände die Sujets unprob­lema­tisch den Ein­druck er würde Adolf Hitler und den Nation­al­sozial­is­mus banal­isieren. Es zeigt die Betrieb­s­blind­heit“, der Per­so­n­en oder Unternehmen zum Opfer fall­en kön­nen, wenn sie ungeschult sind im Umgang mit der Öffentlichkeit und den Medi­en. Eine extern­er Blick und Rat hätte das Unternehmen wohl vor ein­er Eskala­tion der Sit­u­a­tion bewahren können. 

* Zu Beginn der Woche meldete 20 Minuten“, dass die Migros Tochter-Fir­ma Elsa Mifro­ma, ins­ge­samt 300 Schachteln mit Kaf­feerähm­chen in den Umlauf gebracht habe auf deren Deck­el u.a. die Por­traits von Adolf Hitler und Ben­ni­to Mus­soli­ni abge­bildet waren. Die Migros entschuldigte sich rasch und ver­wies auf eine Bern­er Zulief­er­erfir­ma, die für die Sujets der Kaf­feer­ah­mdeck­e­li ver­ant­wortlich sei. Als der Geschäfts­führer dieser Fir­ma am Fol­ge­tag mit der Aus­sage zitiert wurde, er ver­stünde die Aufre­gung nicht und sei sich kein­er Schuld bewusst, verkün­dete die Migros innert Tages­frist das Ende der Geschäftsbeziehung.

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