
Was Post, AKB und Raiffeisen verbindet
Im Zusammenhang mit den unrechtmässigen Postauto-Subventionen ist noch niemand wegen strafbaren Handlungen verurteilt worden. Genauso wenig beim Raiffeisen-Skandal. Es gilt also die Unschuldsvermutung. Und doch: Susanne Ruoff ist von Ihrer Position als Post-Chefin zurückgetreten und der ehemalige Finanzchef der Post, Pascal Koradi, hat seinen Job als Direktionspräsident der Aargauischen Kantonalbank (AKB) niedergelegt. Bei Raiffeisen nahmen nach dem ehemaligen Präsidenten Rüegg-Stürm auch andere Verwaltungsratsmitglieder — offenbar zurecht — den Hut.
Gemein ist all diesen Personen, dass sie zu einer Belastung für die Reputation des jeweiligen Unternehmens geworden waren. Weil sie entweder von heiklen Praktiken gewusst und sie gedeckt hatten, oder weil sie nichts davon bemerkt hatten, obwohl sie etwas hätten merken müssen. Mitschuld oder Unfähigkeit. Pest oder Cholera. Menschliches Versagen. So der Vorwurf. In so einem Kontext hat auch die Würdigung einer guten aktuellen Leistung wenig Platz. Was heisst das?
Es kommt ein Punkt, an dem jemand auch ohne den Beweis für Verfehlungen für eine Organisation nicht mehr tragbar ist: Wenn das Vertrauen der wesentlichen Stakeholder nicht mehr da ist. Wenn eine Person so mit fragwürdigen Praktiken in Verbindung gebracht wird, dass ihre Anwesenheit einen glaubwürdigen Wiederaufbau des Vertrauensverhältnisses stört.
Die zuständigen Organe bei der Post und bei der AKB haben dies erkannt und die Konsequenzen gezogen. Damit schützen sie die Firma vor weiteren Reputationsschäden. Sie schützen aber — so zynisch dies tönen mag — auch die betreffenden Personen, indem Sie diese aus dem Rampenlicht nehmen. Und mit dem öffentlich bekundeten Glauben an die persönliche Integrität geben sie im Fall von Ruoff und Koradi noch eine wesentliche Stütze mit auf deren weiteren Weg.
Bei Raiffeisen ist die Lage derzeit noch etwas anders. Einmal abgesehen vom Verwaltungsrat, der einen Erneuerungsprozess eingeleitet hat, steht CEO Gisel weiterhin unter Beobachtung und unter Verdacht. Er steht nach wie vor im Schaufenster. Umso wichtiger wäre es in dieser Situation, möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Entsprechend fragwürdig mutet es an, wenn er offenbar unreflektiert und unbedarft Bilder und Kommentare auf seinem Facebook-Profil postet. In einer solchen Situation gehört ein Filter zwischen die Person und die Öffentlichkeit. Wer sagt, der Post sei nur für Freunde sichtbar gewesen, lässt ausser Acht, dass auch so ein Kreis in Normalfall eine gefährliche Reichweite hat, weil sich unter Facebook-Freunden eben auch solche befinden, die im richtigen Leben keine sind.
Es gibt also zwei Varianten: Entweder schützt man jemanden, indem man ihm auch in der persönlichen Kommunikation hilft, oder man schützt ihn, indem man ihn aus dem Schaufenster nimmt. Die morgige Delegiertenversammlung dürfte dem Vernehmen nach diese Optionen akzentuieren.