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Ungewissheit ist Teil jeder Krise

Veröffentlicht: 2020

In seinem Mei­n­ungsar­tikel, der am 27. März in ver­schiede­nen Tageszeitun­gen erschien, fordert der ehe­ma­lige Diplo­mat Thomas Bor­er vom Bun­desrat klare Per­spek­tiv­en. Die Lan­desregierung müsse jet­zt sagen, wie es nach dem 19. April in der Coro­na-Krise weit­erge­he. Grund gemäss Bor­er: Nur so könne der Bun­desrat das in ihn geset­zte Ver­trauen der Bevölkerung erhal­ten; in der Krise schade nichts mehr als Ungewissheit.

Ungewis­sheit ist Teil jed­er Krise. Deshalb ist die Pla­nung unter­schiedlich­er Szenar­ien und entsprechen­der Mass­nah­men der Königsweg, um eine Krise zu bewälti­gen. Bei der Coro­na-Krise ist die Ungewis­sheit gröss­er und länger als bei anderen Krisen. Ver­mu­tun­gen zur weit­eren Ver­bre­itung des Virus und zur Mor­tal­ität bei einzel­nen Bevölkerungs­grup­pen wer­den erst dank der Dat­en, die gegen­wär­tig gesam­melt wer­den, mit der Zeit zu Fak­ten. Auf dieser Basis lassen sich dann die Risiken bess­er einord­nen. Es kommt hinzu, dass die Krise nicht auf ein Land oder ein einzelnes Unternehmen begren­zt son­dern von glob­aler Dimen­sion ist.

Ungewis­sheit ist schädlich, ja. Wenn man sie aber nicht ein­fach aus der Welt schaf­fen kann, so kann man zumin­d­est die Men­schen so führen, dass sie ler­nen mit der Ungewis­sheit umzuge­hen. Und das hat der Bun­desrat mit sein­er besonnenen Kom­mu­nika­tion bish­er sehr erfol­gre­ich getan. Und in ein­er Krise eben­so wichtig: Er hat rasch gehan­delt. Das Tem­po der unbürokratis­chen Kred­ith­il­fe in Zusam­me­nar­beit mit den Banken ist beispiel­los. Der Bun­desrat beseit­igt Ungewis­sheit, wo er dies zuver­läs­sig tun kann.

Schlim­mer als geführte Ungewis­sheit ist die Falschin­for­ma­tion. Wenn die Lan­desregierung zu früh und auf wack­ligem Wis­sens­stand eines ihrer Szenar­ien als Richtschnur vorgibt, dann stellen sich Wirtschaft, Kul­tur und Gesellschaft auf dieses Szenario ein. Das ist aus Reak­tio­nen der Börse auf Zukun­ft­saus­sagen der Noten­banken bekan­nt. Wenn später die Sit­u­a­tion dann doch anders ist, und der Weg nicht wie angekündigt gegan­gen wer­den kann, dann entste­hen enorme Frus­tra­tion und ein riesiger Ver­trauensver­lust für den Bun­desrat. Er wird nicht mehr als Herr der Lage anerkan­nt und die Diszi­plin im Volk begin­nt zu schwinden. Dieses Worst-Case-Szenario gilt es mit aller Kraft zu vermeiden. 

Die Krise braucht Führung, und die gehört der Exeku­tive. Selb­stver­ständlich dür­fen deswe­gen die demokratis­chen Mech­a­nis­men nicht vergessen gehen. Die Forderung, dass das Par­la­ment wieder tagen müsse, ist richtig. Aber sie ist unnötig. Denn die Büros von Nation­al- und Stän­der­at haben bere­its am 19. März darüber informiert, dass die Ter­mine für die Mai- und Junises­sion vorder­hand beste­hen bleiben und ein Alter­na­tiv­s­tan­dort im Raum Bern [gesucht werde], der das Abstand­hal­ten während der Sitzun­gen ermöglicht”. Vier Tage später wur­den die Räte von ihren Prä­si­di­en schriftlich darüber informiert, dass eine ausseror­dentliche Ses­sion ein­berufen werde. Es mutet deshalb etwas son­der­bar an, wenn Tage später genau dies gefordert wird.

Wir sind zuver­sichtlich, dass sich der Bun­desrat bald zum richti­gen Zeit­punkt dazu äussern wird, wie es nach dem 19. April weit­erge­ht. Die Forderung, der Bun­desrat müsse jet­zt sagen, wie es nach Ostern weit­erge­ht, erfüllt sich von selb­st und ist deshalb von geringem Wert.