
Über die Treffsicherheit von „Targeted Advertising“
Oder wie mich Facebook zum übergewichtigen und einsamen Patrioten machte.
Beim Besuch meines Facebook-Accounts passierten in letzter Zeit Dinge, die mich ernsthaft an meinem Selbstbild zweifeln liessen. In meinem Newsfeed tauchten vermehrt Werbeanzeigen auf, die ich nicht mit meinem Selbstbild in Einklang bringen konnte:



Als Teil der Zielgruppe dieser personalisierten Werbung – Neudeutsch: Targeted Advertising – zu gelten, war irritierend. Zwar verfüge ich nicht über den Charme und die Eloquenz gewisser Hollywoodschauspieler oder den Körperbau eines Profiathleten. Ausserdem bin ich stark in der Schweiz verwurzelt. Dennoch war mir nicht bewusst, wie unvollkommen mein äusserliches Erscheinungsbild, wie unvorteilhaft meine Wirkung auf das andere Geschlecht und wie gross meine Heimatliebe ist.
Nichtsdestotrotz muss ich mir wohl eingestehen, dass ich mich da selbst lange falsch eingeschätzt habe. Arbeiten bei Facebook doch die besten Gehirne der Welt. Tagtäglich feilen unzählige Mathematiker, Linguisten, Datenanalysten und Programmierer unermüdlich daran ihre raffinierten Algorithmen weiter zu perfektionieren. Ausserdem sammelt das soziale Netzwerk seit Jahren Daten über meine Aktivitäten im Internet. Keiner weiss besser Bescheid über meine Interessen und Vorlieben. Niemand kann besser einschätzen zur welcher Zielgruppe ich gehöre. Facebook hält mir lediglich den Spiegel vor — basierend auf der nüchternen Analyse empirischer Daten — und zeigt mir einen einsamen, korpulenten Menschen, der seine Liebe zum Vaterland über alles stellt.