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Über die Treffsicherheit von „Targeted Advertising“

Veröffentlicht: 2015

Oder wie mich Face­book zum übergewichti­gen und ein­samen Patri­oten machte. 

Beim Besuch meines Face­book-Accounts passierten in let­zter Zeit Dinge, die mich ern­sthaft an meinem Selb­st­bild zweifeln liessen. In meinem News­feed taucht­en ver­mehrt Wer­beanzeigen auf, die ich nicht mit meinem Selb­st­bild in Ein­klang brin­gen konnte:

Als Teil der Ziel­gruppe dieser per­son­al­isierten Wer­bung – Neudeutsch: Tar­get­ed Adver­tis­ing – zu gel­ten, war irri­tierend. Zwar ver­füge ich nicht über den Charme und die Elo­quenz gewiss­er Hol­ly­wood­schaus­piel­er oder den Kör­per­bau eines Profiath­leten. Ausser­dem bin ich stark in der Schweiz ver­wurzelt. Den­noch war mir nicht bewusst, wie unvol­lkom­men mein äusser­lich­es Erschei­n­ungs­bild, wie unvorteil­haft meine Wirkung auf das andere Geschlecht und wie gross meine Heimatliebe ist. 

Nichts­destotrotz muss ich mir wohl eingeste­hen, dass ich mich da selb­st lange falsch eingeschätzt habe. Arbeit­en bei Face­book doch die besten Gehirne der Welt. Tagtäglich feilen unzäh­lige Math­e­matik­er, Lin­guis­ten, Date­n­an­a­lysten und Pro­gram­mier­er uner­müdlich daran ihre raf­finierten Algo­rith­men weit­er zu per­fek­tion­ieren. Ausser­dem sam­melt das soziale Net­zw­erk seit Jahren Dat­en über meine Aktiv­itäten im Inter­net. Kein­er weiss bess­er Bescheid über meine Inter­essen und Vor­lieben. Nie­mand kann bess­er ein­schätzen zur welch­er Ziel­gruppe ich gehöre. Face­book hält mir lediglich den Spiegel vor — basierend auf der nüchter­nen Analyse empirisch­er Dat­en — und zeigt mir einen ein­samen, kor­pu­len­ten Men­schen, der seine Liebe zum Vater­land über alles stellt.