
Reden ist Silber – und lässt sich vergolden
VW-Chef Matthias Müller hatte Anfang Jahr ein Problem mit einem Medienauftritt. Auf seiner Amerika-Reise versuchte er das durch den Abgasskandal ramponierte Image des Autokonzerns wieder aufzupolieren. Das misslang ihm aber – wegen eines Radiointerviews beim Sender NPR, in dem er die Affäre als „technisches Problem“ herunterspielte. Der Konzern bat dann um eine Wiederholung des Interviews. In dieser zweiten Version versuchte Müller, den Schaden zu begrenzen: „Ich muss mich für gestern Abend entschuldigen, weil die Situation ein bisschen schwierig für mich war vor all ihren vielen Kollegen und jeder hat hineingerufen», zitierte ihn die NZZ.
Selbst denen, die sich grosse Auftritte gewohnt sind, fällt es also bisweilen nicht leicht, die richtige Botschaft in Statements zu verpacken, die bei den Zielgruppen ankommen. Seien es Interviews, Pressekonferenzen, Talkrunden, Vorträge, Reden oder Krisensituationen: Wer nicht überzeugend wirkt, im Gesicht glänzt, gehetzt ist, kein Ende findet, sich verheddert, einstudiert klingt, unvorbereitet auftritt – der bringt die beabsichtigten Inhalte nicht rüber.
Die Rede ist eine Kunst und eine alte zudem. Rhetorik kann erlernt und geübt werden. Das praktizieren zum Beispiel die schweizweit rund 40 Toastmasters und Rhetorik Clubs. Auch in Medientrainings wird die Redekunst geübt, geübt, geübt … Denn wenn die Medien anklopfen gilt es, die Chance zu nutzen. Das Risiko, das Medienauftritten ebenfalls inhärent ist, gilt es im Voraus zu minimieren – mittels guter Vorbereitung. Zu einem Medientermin muss man trainiert antreten. Mit den spezifischen Eigenheiten von Kamera und Mikrofon muss man vertraut sein. Wie auch mit den Bedürfnissen und Arbeitsweisen der Journalisten. Lernen Sie, mit den Medien zu sprechen!
Dazu 6 der wichtigsten Orientierungspunkte:
- Hilfsbereitschaft: Nehmen Sie die Anliegen der Journalisten ernst (die Grundsätze zwischenmenschlicher Kommunikation gelten auch für Medienkontakte)!
- Vorbereitung: Bereiten Sie sich immer auf die schwierigsten Fragen vor und halten Sie Antworten bereit (so vermeiden Sie widersprüchliche Aussagen)! Und wenn es dann vor dem Mikrofon ernst gilt, beherzigen Sie einen zentralen Merksatz militärischer Funkdisziplin, bevor Sie loslegen: denken, drücken (Verbindungsaufbau), schlucken, sprechen.
- Offenheit: Der Zweck der Kommunikation besteht in der Bereitstellung von Informationen und nicht in deren Verheimlichung. Wenn Sie über ein Thema nicht reden möchten oder können: Schweigen Sie nicht, stottern Sie nicht! Nennen Sie die Gründe für Ihr Ausweichen („Es ist noch zu früh, um dies zu bewerten …; „Mir fehlen dazu die Kenntnisse; Sie müssten die zuständigen Leute befragen, das sind …“)!
- Ehrlichkeit: Alles, was Sie sagen, muss wahr sein; aber nicht alles, was wahr ist, müssen Sie sagen. Halten Sie sich jedenfalls immer an die Fakten, lassen Sie wenig Interpretationsspielraum offen!
- KISS: Keep it short an simple! Bringen Sie das Wesentliche in aller Kürze auf den Punkt! Das Allerwesentlichste am Anfang! Im Radio und Fernsehen haben sie 30 Sekunden, maximal. Das ist so lang, wie ein Streichholz brennt.
- Selbstkontrolle: Seien Sie authentisch!
Ein Redekünstler braucht also eine Strategie (Botschaft), das Handwerkszeug (Q&A, Fragen und Antworten) und viel Training. Denn: Übung macht den Meister. Ein Meister kann die jeweilige Situation aktiv mitgestalten. Mit dieser Sicherheit blicken Sie dem nächsten Medientermin entspannt entgegen.