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Mit künstlicher Intelligenz in den Fettnapf

Veröffentlicht: 2014

In den Social Media lauern Fet­tnäpfe und Fall­gruben. Ihre direk­ten Ver­wandten heis­sen Shit­storm und Cyber­mob­bing. Dage­gen gab es bish­er nur ein über­schaubares Arse­nal an Abwehrwaf­fen: Die biedere Absti­nenz, der scharfe Men­schen­ver­stand und die pro­fes­sionelle Krisenkom­mu­nika­tion. Allerd­ings wirkt Social Media-Absti­nenz zunehmend aus­gren­zend. Und der Men­schen­ver­stand — ins­beson­dere unter dem Ein­fluss von über­mäs­siger Hor­monauss­chüt­tung, Alko­hol oder anderen Dro­gen – wird immer mal wieder ein­drück­lich auss­er Kraft geset­zt. Man kön­nte deshalb mit gutem Grund argu­men­tieren, dass Krisenkom­mu­nika­tion die einzig zuver­läs­sige Mass­nahme sei gegen grössere Beschädi­gun­gen des eige­nen Image.

Jet­zt wird aber aufgerüstet: Vor ein paar Tagen hat das amerikanis­che Tech­nolo­gie-Mag­a­zin Wired darüber berichtet, dass Face­book sich anstrengt mit­tels kün­stlich­er Intel­li­genz zukün­ftig Per­so­n­en davor zu war­nen, wenn sie poten­ziell schädliche Bilder von sich auf dem Netz veröf­fentlichen wollen. Funk­tion­ieren wird das offen­bar mass­ge­blich mit­tels Bilderken­nungs-Tech­nolo­gie, welche unter­schei­den soll zwis­chen der­sel­ben Per­son — im nüchter­nen und im betrunk­e­nen Zustand.

Ein­mal abge­se­hen davon, dass es auch Per­so­n­en gibt, die im angetrunk­e­nen Zus­tand vorteil­hafter ausse­hen als nüchtern, dürfte das Inter­net zukün­ftig also sauber­er aber auch lang­weiliger wer­den. Meint man. In der Real­ität ist es wohl eher wie mit den Assis­ten­zsys­te­men im Auto: Sie helfen dem Fahrer, erset­zen aber nicht die Notwendigkeit aufmerk­sam zu sein. Auch ABS kann die Physik nicht auss­er Kraft set­zen. Und wenn jemand unvorteil­hafte Bilder von sich aufs Inter­net laden will, weil er zu betrunk­en ist um zu real­isieren was er sich ger­ade antut, dann ist er wohl in einem Zus­tand der Selb­stüber­schätzung, wo ihn die Warn­mel­dung von Face­book eher amüsiert denn zur Ver­nun­ft bringt.

Die erfreuliche Nachricht lautet also: Trotz hart­näck­iger Bestre­bun­gen in dieser Rich­tung haben gesun­der Men­schen­ver­stand und Eigen­ver­ant­wor­tung vorder­hand nicht aus­ge­di­ent. Und weil sie aber dann und wann pausieren – vgl. oben – wird auch die Kon­junk­tur der Krisenkom­mu­nika­tion im Netz noch etwas anhal­ten. Auch und ins­beson­dere solange Face­book kein ver­gle­ich­bares Rezept hat gegen schädliche Texte.