Nati schwein

Das Nazischwein ist der Mohrenkopf des Metzgers

Veröffentlicht: 2017

Es gibt das beschauliche Mohrenäck­er­li in Teufen (Appen­zell). Mit­ten in Willisau (Luzern) liegt der belebte Mohren­platz. Und in Erst­feld (Uri) am Fusse des Got­thards wohnen Men­schen im Ort­steil Mohrenkopf. Mohrenköpfe gibt es seit 1946 auch in Wal­tenschwil (Aar­gau). Diese sind kür­zlich wieder ein­mal ins Gerede gekom­men; sie, die zum Freiamt gehören wie der Lin­den­berg, die Reuss und das Mohrental zwis­chen Brem­garten und Rot­ten­schwil. Im schwarzen Erdteil“, wie der Volksmund dem Freiamt sein­er mehrheitlich katholis­chen Bevölkerung wegen auch sagt, heis­sen die Mut­ter­säue Mohren“.

Der Dubler-Mohrenkopf, eine aus schoko­ladenüber­zo­gen­em Schaumzuck­er beste­hende Süs­sigkeit, ist ins Gerede gekom­men und hat medi­ale Aufmerk­samkeit genossen, weil das Komi­tee gegen ras­sis­tis­che Süs­sigkeit­en“ eine Peti­tion gegen ihn lanciert hat­te: Er sei ras­sis­tisch und dürfe seinen Namen nicht mehr länger führen!

Dabei geht es hier doch nicht um Rassen­the­o­rie, son­dern um Sprachge­brauch. Die Gedanken sind frei; und die in Sprache oder Zeichen gefassten weit­ge­hend auch. Das sieht übri­gens auch das Bun­des­gericht so: Zum Beispiel sind selb­st Gebär­den wie der Hit­ler­gruss, Zeichen wie das Hak­enkreuz oder andere recht­sex­treme Sym­bole in der Schweiz nicht ver­boten, solange mit ihnen nicht öffentlich für eine ras­sis­tis­che Ide­olo­gie gewor­ben wird. Ein bloss­es Beken­nt­nis erfüllt den Tatbe­stand der Rassendiskri­m­inierung nicht. Selb­stver­ständlich ist der Mohrenkopf“ nicht zu ver­gle­ichen mit dem his­torisch ein­deutig belasteten Hit­ler­gruss. Dieser Exkurs soll auch in kein­er Art und Weise den Ein­druck erweck­en, Dublers Mohrenkopf wolle sich zu irgen­det­was beken­nen, geschweige denn seinen Ver­speis­er für eine ras­sis­tis­che Ide­olo­gie gewin­nen. Wer in ihn hinein­beisst, kann dabei denken, was er will; solange mit dieser genüsslichen Tat nicht für eine rassendiskri­m­inierende Ide­olo­gie gewor­ben wird, macht sich nie­mand straf­bar. Nicht, dass man das falsch ver­ste­ht: Es gilt sehr wohl den Gebrauch prob­lema­tis­ch­er Aus­drücke zu hin­ter­fra­gen. Dabei ist aber zu berück­sichti­gen, dass Sprache das Mit­tel ist, um Auseinan­der­set­zun­gen mit einem The­ma zu pfle­gen und deshalb nicht a pri­ori beschnit­ten wer­den soll.

Faz­it:

  • Die dif­feren­zierte Betra­ch­tung unter­schei­det zwis­chen Sprachge­brauch, ras­sis­tis­ch­er Gesin­nung und Pro­pa­gan­da für eine ras­sis­tis­che Ideologie.
  • Wörter kön­nen nicht nur im Ver­laufe der Zeit ihre Bedeu­tung ändern, sie kön­nen auch an ver­schiede­nen Orten und in ver­schiede­nen sozialen Umge­bun­gen unter­schiedlich ver­standen und gebraucht wer­den. Zum Beispiel Kara­cho“, das bei uns Rasanz“ bedeutet; im Spanis­chen ist cara­jo“ ein vul­gäres Fluchwort für Penis“, zu über­set­zen mit fuck“ oder ver­dammte Scheisse“.
  • Der Dubler Mohrenkopf ist in seinem Umfeld offen­bar pos­i­tiv kon­notiert. Andern­falls gin­ge er nicht weg wie frische Weg­gli und das Mar­ket­ing hätte schon längst reagiert.
  • In der Kom­mu­nika­tion ist die kor­rek­te Wort­wahl zwar wesentlich; eben­so bedeu­tend bezüglich Botschaft ist aber eben die Absicht, mit der die Wörter gewählt wer­den. Manch­es anständi­ge Wort kann auch boshaft gebraucht wer­den, wenn der Absender das will. Machen Sie mit Du“ die Probe aufs Exem­pel. Wenn Sie jeman­dem sagen Du‑u!“ kann das doch ziem­lich dro­hend tönen!?

Eine dif­feren­zierte Betra­ch­tungsweise gibt es sog­ar dann, wenn Begriffe expliz­it als Schimpfwörter gebraucht wer­den und jeman­dem direkt an den Kopf gewor­fen wer­den. Auch dazu haben sich die Lau­san­ner Richter schon vernehmen lassen: Betitelun­gen wie zum Beispiel Sauschwabe“, die sich auf Nation­al­ität und Eth­nie beziehen, gel­ten als nicht rassendiskri­m­inierend; Beschimp­fun­gen wie schwarze Sau“, die auf Haut­farbe und Reli­gion abzie­len, hinge­gen schon.

Es gibt übri­gens auch den Judenkopf, 899 m ü. M. beim solothur­nischen Pass­wang und die Frauen­fürze als fas­nächtliche Knal­lkör­p­er. Das Vok­ab­u­lar ein­schlägiger Jar­gons und der­ber Son­der­sprachen hält noch ganz andere Aus­drücke bere­it. Und über­haupt: Was wäre, wenn ein Met­zger anlässlich der WM-Teil­nahme der Schweiz­er Fuss­baller in sein­er Aus­lage als Spezial­ität Nati-Schwein anbi­eten würde?